Wiesbadener Kurier 16.05.2019
Jürgen Helbing möchte Lorcher Bürgermeister bleiben
Von Thorsten Stötzer
Erschienen am 16.05.2019 um 03:00 Uhr, zuletzt geändert am 16.05.2019 um 03:20 Uhr
Jürgen Helbing bewirbt sich für die CDU um eine dritte Amtszeit im Lorcher Rathaus. Auf seiner Agenda stehen eine Senioreneinrichtung und ein Medizinisches Versorgungszentrum.
Jürgen Helbing auf der Terrasse des Hilchenhauses: Dessen Sanierung zählt zu den Höhepunkten seiner Amtszeit.Foto: Thorsten Stötzer
LORCH - Mit 60,8 Prozent der Stimmen gewann Jürgen Helbing 2007 die Bürgermeisterwahl in Lorch und löste Günter Retzmann von der SPD ab, der 18 Jahre lang amtiert hatte und dann doch verlor. Schon damals habe er mit drei Perioden im Rathaus geplant, erklärt er – und tritt folglich am 26. Mai erneut an. Gern hebt Helbing hervor, was bisher erreicht worden sei: Die Minderung des Schuldenstandes der Stadt von einst 23 Millionen auf 6,4 Millionen Euro rangiert ganz oben.
Gesenkte Preise für Wasser und Abwasser – die seien die höchsten bundesweit gewesen – führt der Kandidat der CDU ebenso an. Unterm Strich seien nahezu alle Punkte abgearbeitet – bis auf eine Senioreneinrichtung und ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ). „Und da bin ich mittendrin.“ Was das Haus für die Senioren betrifft, das auf der Lohwiese gebaut werden soll, präsentiert der Bürgermeister frisch modifizierte Entwürfe, die vom im Westerwald gefundenen Investor stammen.
„Es gibt keinen Dreijährigen, der nicht weiß, wer ich bin“
Ein zu gründendes MVZ wäre ein anderer Baustein, damit Bürger auch im höheren Alter in der Stadt wohnhaft bleiben können. Helbing hat sich in Rheinland-Pfalz und in Schleswig-Holstein informiert und plädiert für eine „medizinische Genossenschaft mit mehreren Partnern“. Die Kommune sollte einsteigen, ebenso die örtliche Apotheke und das Krankenhaus in Rüdesheim. „Alle Beteiligten sind guten Mutes.“ Im Hintergrund steht, dass die Lorcher Allgemeinärzte alle über 60 Jahre alt sind.
FORUM ZUR WAHL
Die Redaktion veranstaltet am Dienstag, 21. Mai, um 19 Uhr im Bürgerhaus Lorch, Kolpingstraße 5, ein Diskussionsforum mit den drei Kandidaten für die Bürgermeisterwahl. Sascha Kircher und Thorsten Stötzer moderieren den Abend, bei dem die Lorcher Bürgerinnen und Bürger den Bewerbern auf den Zahn fühlen und Fragen zu den für sie relevanten Themen stellen können. Einlass ist ab 18 Uhr, der Eintritt zur Veranstaltung ist frei.
Mit einer Broschüre, Plakaten, kleinen Veranstaltungen und Bürgersprechstunden will er die Einwohner von seinem Programm überzeugen. Präsent sei er ohnehin in der Stadt: „In Lorch gibt es keinen Dreijährigen, der nicht weiß, wer ich bin.“ In der Kommunalpolitik war er von 1993 bis 2007 stets als Erster Stadtrat oder Stadtverordnetenvorsteher aktiv. Geboren wurde der 68-Jährige allerdings in Thüringen. Über Essen und Nordhessen gelangte er in die Region und kaufte 1987 ein Haus in Lorch. Der Polizei- und Kriminalbeamte hatte lange in der FWG seine politische Heimat, für die er 1995 bereits einen – erfolglosen – Bürgermeisterwahlkampf bestritt. 2010 wechselte er zur CDU. Er schätzt das „Netzwerk“, über das er nun verfüge. Fördertöpfe seien wichtig, denn „wir sind kein Gewerbe- und Industriestandort“. Es freue ihn zudem, dass Minister mit ihren Abteilungsleitern Sitzungen im Hilchenhaus abhalten, das ebenso in seiner Verantwortung saniert wurde wie das heutige Bürgerhaus. Investiert wurde ebenso von privater Seite: Dafür stehen das Wohnhaus des Vincenzstiftes, das Hotel im Schulhaus oder der Rewe-Markt. Wenngleich Helbing die Stadt noch in die Schuldenfreiheit führen möchte, zeichnen sich weitere Maßnahmen ab: „Der Bahnhof ist ein großes Thema.“ Die Stadt hat einen halben Hektar Grund erworben, um Park-and-ride-Parkplätze und Fahrradabstellflächen einzurichten. Der alte Güterschuppen könnte künftig für die Jugendarbeit genutzt werden.
Rund 2,4 Hektar Land in den Rheinanlagen hat Helbing ebenfalls im Blick; noch gehören sie dem Land. Zwischen Bahnhof und früherer Kläranlage könnte das Areal eine neue Fasson erhalten. Fixpunkt ist dabei die Bundesgartenschau 2029, für die er eine Interessengemeinschaft gründen will. Die Zuwächse im Tourismus sind schon heute ein Punkt, auf den der Christdemokrat baut.
Wir sind absolut besorgt über die morgige Räumung (ab 7:00 h aber schon jetzt beginnend) des queer-feministischen sozio-kulturellen Zentrums in der Liebigstraße 34 in Berlin. Wir bitten Euch absolut um Eure Solidarität für ein 30 Jahre altes Kulturprojekt. Denn dem/der BeobachterIn wird schnell klar: hier geht es keinesfalls um die Sicherung der Rechte des Hauseigentümers, wie das Gericht entschieden hat und die ein interessierter Senat auch ganz ohne Polizei hätte hinbekommen können. Stattdessen wird das Haus, die Szene, der Kiez kriminalisiert.
Hier geht es um pure Gewalt. Es geht um Abrechnung, Verdrängung, Durchsetzung, Auslöschung. Ein Glied nach dem anderen wird in Berlin aus der Kette der alternativen Kulturszene gerissen. Um den Investoren Platz zu schaffen.
Hier geht es um einen 3 – 5 Millionen € teuren Einsatz der Staatsgewalt, mit allem was sie aufbieten kann.
Mitten im Corona-Hotspot Friedrichshain werden an die 5.000 (2.500 + 19 Hundertschaften) PolizistInnen eingesetzt, Panzer, 4 Wasserwerfer, Hubschrauber. Mit viel Wut auf die Szene. Angesichts der Tatsache, dass rechtsextreme Netzwerke in den Polizeibehörden der BRD bekannt geworden sind, die sogar mit Mord drohen, des vor Ort spürbaren Hasses der Polizei, angesichts des juristischen und finanziellen Engagements für den Eigentümer und künftigen Investors, angesichts der finanziellen Belastung der Allgemeinheit nur um 1 Haus zu räumen, angesichts der Corona-Gefährdung eines weiteren Hotspots, ist der Durchsetzungsbefehl des Gerichts unverantwortlich.
Und besonders angesichts des Bildes, dass 40 Frauen und Queers von ca. 5.000 PolizistInnen angegriffen, überwältigt und geräumt werden, kann frau ein Gefühl des Ekels nicht vermeiden.
Die Fläche ist bereits gesperrt, Kirchenglocken klingen zum Geräusch des kreisenden Hubschraubers. Die Nachbarschaft hält den Atem an. Alles sieht der Gewalt mehr oder minder ungeschützt entgegen. Das hier ist Krieg gegen die alternative Szene. Gegen Sozio-Kultur. Gegen Autonome Lebensformen und Wohngebiete für schlechter verdienende MIetrInnen in der Innenstadt.
Was die einen beim Klimaschutz noch nicht begreifen wollen, übersehen die anderen in der Stadtentwicklung. Und während noch die westlichen Fehler in der Wendezeit bejammert werden, wird das nächste Ding der Wende, die Hausbesetzerszene in Berlin, Kunstobjekt, Anziehungspunkt für junge Leute aus der ganzen Welt, als nächster Fehler dem Erdboden gleich gemacht.
Kultur wird mit Gewalt ausradiert, Eigentumsrechte von Investoren, unverhältnismäßig zum Rest der Bevölkerung, durchgesetzt.
Das Gefühl hier ist Gewalt. Ausgeliefertsein.
Der junge Polizist sagt: „Morgen ist hier Schluss.“ Und fragt mich ob ich schon alle Arten von Gewalt wie Feuerlöscher, Pfefferspray, Handgranaten im Gesicht gehabt habe. „Nein.“ Und er? Wahrscheinlich auch nicht. Nicht hier in der Liebig. Er wiederholt nur, was er gelernt hat.
Der andere Polizist ermahnt auf den Bürgersteig zu gehen. Ein junger Mann läuft weiter auf der Straße. 5 Polizisten rennen ihm hinterher. Lassen auf Zurufe der Passanten dann aber doch ab von ihm. So klein könnte der Anlass sein. Ohne Passanten.
Deutschland im Herbst 2020. Räuber und Gendarm. Kriminalisierung friedlicher linker HausbewohnerInnen. 40 Frauen und Queers brauchen gerade das gerade nicht.
Eine Stadt, die ein solches Problem friedlich löst, könnte stolz auf sich sein. Eine Stadt, die die Auslöschung des Wende-Erbes und Kunstobjekts „Besetzte Häuser Berlin“ vorantreibt, hat die Zeichen der Zeit nicht verstanden und setzt ein Mahnmal der Gewalt. Aus Steuergeldern. Von einem Rot-Rot-Grünen Senat beschlossen.
Chronik:
Liebigstr. 34
Liebigstr. 34, Friedrichshain, Berlin
Besetzt 1990
Nutzung Kulturprojekt
Die Liebig 34 ist ein Anarcha-Feminist, Queer, FLT - Haus.
Sie ist eines von wenigen hausprojekten, die ausschließlich von feminist_innen bewohnt werden, mit verschiedenen ideen und hintergründen und ein Kollektiv ohne Cis-männer.
Im Moment leben dort ca. 35 Menschen.
Im Erdgeschoss befindet sich das „X-Beliebig“, sowie der Infoladen „Daneben“ (Free-Internet, Archiv, aktuelle Zeitschriften, Revolutionsbedarf, Mo-Fr 18:00-20:00, Plenum jeweils am 1. Montag im Monat um 20:00)